Folk for you, folks.

In den letzten Monaten bin ich immer wieder über einige tolle Folk Alben gestolpert. Die meisten davon habe ich aus Irland mitgebracht, weil dort der Markt für solche Musik offensichtlich viel größer ist, als der in Deutschland mit R’n’B verseuchte Chartmassenmarkt. Dabei sind die Alben gar nicht alle irisch und schon gar nicht mit Fiddle und Flöte eingespielt. Im Gegenteil: Es sind alles moderne Alben junger Musiker aus USA und Europa, die aber einfach ehrliche Musik machen. Und das hört man. Einige sind schon älter als ein Jahr, andere sind neuer.

Da in meinem Wohnzimmer oft gefragt wurde, wer denn das auf der CD ist, gebe ich hier einfach mal ein paar Empfehlungen der Alben, die gerade meinen iPod schmücken dürfen. Es gibt noch mehr, unter anderem Geschenke aus “fernen Ländern”, die es hier aber schlicht nicht zu kaufen gibt. Hier nun also Musik, die es im Zweifel auch bei Amazon zu kaufen gibt.

First Aid Kit

Zwei Mädels, wie aus dem katholischen Kirchenchor. Könnte man zumindest meinen, wenn man sie live erlebt. Ihre Songs sind aber an Intensität kaum zu überbieten. War ohne Erwartung beim Konzert und bin völligst geflasht wieder nach Hause gekommen. Bisher gibt es nur eine EP, aber ihr Erstlingswerk soll Ende Januar 2010 veröffentlicht werden. Tolle Musik zum wohlfühlen. Hier bestellen.

Fleet Foxes

Auf die Fleet Foxes und ihr gleichnamiges Album bin ich nur zufällig aufmerksam geworden bei einem Konzert von First Aid Kit, die dort einen ihrer Songs coverten. Bei Amazon hörte ich in den Rest rein und bestellte das Album: Eine Mischung aus ruhigen, teils melancholischen Songs, die alle ein wenig “retro” klingen und von schönen Vokalarrangements geprägt sind. Der Tiger Mountain Peasant Song ist mein Favorite. Hier zu bestellen.

Wallis Bird

Sie ist eine Songwriterin aus Dublin und hat an der Popakademie in Mannheim studiert. Mittlerweile hat sie ihr zweites Album veröffentlicht; am ersten hab ich mich aber noch nicht satt gehört. Schlanke, akustische Arrangements und ihre unverwechselbare Stimme machen die Platte echt zu einem schönen Hörerlebnis. Sowohl die rockigeren Nummern wie Counting to Sleep oder langsame Songs wie Slow Down sind wirklich schön. Empfehle das Debütalbum, aber auch ihr Zweitwerk, uneingeschränkt zum Kauf. Hier zu bestellen.

Mumford & Sons

Sind in Irland und England gerade sehr populär, hier dauert es vielleicht nicht mehr lange. Die Jungs aus UK machen einen tollen Folksound und schaffen es, trotz Banjo, ihre Songs nicht etwa wie Squaredance Musik klingen zu lassen, sondern erfinden für jedes Lied einen neuen Klang, mal mit Streichern oder Bläsern, mal Plain mit Bass, Schlagzeug, Gitarre. Die markante Stimme des Sängers ist dabei immer der Fixpunkt. Ihr erstes Album Sigh no More ist wirklich eines der besten Alben, die ich in letzter Zeit gehört habe. Favoriten sind The Cave und Little Lion Man für die schnellen Songs und I gave you all als Ballade. Hier zu bestellen.

Lisa Hannigan

Sie ist die Backgroundsängerin von Damien Rice, der etwas depressive Sänger aus Dublin. Ganz ehrlich: Ihr Album habe ich mir gekauft, weil ich das Cover so lustig fand. Im Gegensatz zu Damien ist sie erfrischend positiv gestimmt: Auf der CD sind leichte Folk/Popsongs, geprägt von ihrer wunderschönen Stimme. Vielleicht nichts zum gezielten Hören, aber als Worksoundtrack bestens geeignet. Hier zu bestellen.

Damien Dempsey

Ein echter Dubliner Junge. Hab mir vor etwa 2 Jahren eines seiner Alben in Dublin gekauft und bekam neuen, irischen Folk vom feinsten. Als er dann 2009 noch Support Act von U2 in Dublin war, konnte ich ihn auch live sehen und erlebte ihn als sehr intensiven Musiker. Seine alten Alben sind sehr rockig. Wer ihn aber als Folkmacher erleben will (und das ist dann wirklich unverkennbar irisch!), sollte sich sein Album The Rocky Road kaufen. Das eine oder andere Guinness dazu und das Wohnzimmer wird zum Pub. Hier bestellen.

Tabula Rasa, jetzt erst recht.

Freundeskreis gibt es ja leider nicht mehr. Aber Max Herre ist noch da und hat nun beschlossen, nicht mehr zu rappen sondern zu singen. Zugegeben, es gibt bessere Sänger. Weitaus… Aber sein neues Album Ein geschenkter Tag ist eine echte kleine Entdeckung. Sein Album Max Herre aus dem Jahr 2004 war schon ein gelungener Neuanfang. Stilistisch hat das neue Album mit dem Debutalbum oder Freundeskreis nicht mehr viel zu tun: Im Gegenteil, kein Rap, keine Samples, kein Esperanto oder von hinten wie von vorn. Es findet sich guter, deutscher, bodenständiger….ja was eigentlich…: Das Album bewegt sich zwischen deutschen Liedermachern, Bruce Springsteen, und Keb Mo. Echte Musik eben, ohne elektronischen Schnickschnack. Dass Max Herre ein guter Texter ist, ist ja nicht neu. Nun singt er sie eben. Tabula Rasa mit Rap, jetzt kommt Gesang. Ein schönes Album, gerade für den Herbst. Zu empfehlen sind besonders die Songs Geschenkter Tag, Er-Sagt-Sie-Sagt und Sag Bescheid, welche mir persönlich am besten gefallen.

Mein neuer Freund mit der sexy tiefen Stimme.

In meiner glorreichen Karriere als Musiker habe ich schon so einige Instrumente durch, das eine konnte ich besser, das andere schlechter. Gnadenlos gescheitert bin ich an der Gitarre. Nicht, weil mir das Prinzip nicht einleuchten würde, ich keinen Sinn für Harmonien hätte oder ähnliches. Ich habe schlicht ein anatomisches Problem: Meine Finger sind ein wenig zu “wuchtig”, als dass ich auch nur annährend Barregriffe greifen könnte. Somit war nach E, D, G, A, C, em, H7, D, dm, am und noch ein paar anderen Akkorden Schluss.

Ich lag deswegen nicht nachts im Bett und habe geweint- blieb mir doch immernoch mein Klavier. Dennoch wollte ich noch ein anderes Instrument lernen. Klavier, Blockflöte, Trompete, Schlagzeug und Gitarre hatte ich ja nun durch (diese Liste ist nach Lernerfolg und Professionalität geordnet). Für ein Saxophon hören meine ältern Nachbarn noch zu gut, Geige möchte ich meinem Zitronenbaum nicht antun und ein Alphorn hätte ich nicht durchs Treppenhaus bekommen.

Also kaufte ich mir einen Bass. Dies war von langer Hand geplant und immer wieder eine Überlegung: ziemlich genau vor einem Jahr war ich in den schönen Niederlanden auf einem Konzert von Mary Black, deren Bassist mich sehr beeindruckte. Sofort wurde die Idee wach, mir doch einen Bass zu kaufen. Einen Acoustic-Bass, keinen E-Bass. Auch keinen Kontrabass: Sondern eine Bassgitarre. Bassisten sind sowieso die cooleren Bandmitglieder. Erstens sind sie relaxter als so manch anderer Saiteninstrumentspieler, zweitens brauchen sie keine Soli und sind dennoch die wichtigste Grundlage jeder Musik.

Vor drei Wochen nun habe ich meinen Plan in die Tat umgesetzt  und einen Bass erworben (in Irland hätte ich mir beinahe auch schon einen gekauft, aber der Plan scheiterte an der Vernunft und den Grenzen für maximale Handgepäckgrößen. Außerdem wäre dort weniger Zeit für das Sightseeing in Pubs gewesen, wenn ich hätte üben müssen).

Das schöne am Lernen eines Instruments ist, dass man etwas völlig anderes und neues tut. Offensichtlich weckt man jede Menge Gehirnzellen auf, die man selten bis nie benutzt hat. Schließlich ist der Bewegungsablauf beim Bassspiel nicht mit dem des Klavierspiels zu vergleichen. Erstaunlich ist auch, wie schnell man Fortschritte macht. Bass ist nicht so schwer, man braucht ein wenig Grundtalent für Musik und schon gehts los. Ich würde sogar fast behaupten, dass man sehr schnell eine generelle Kreativitätssteigerung in vielen anderen Dingen feststellen kann. Durch das Ausbrechen aus gewohnten Abläufen oder Bewegungen (klingt knöchern, ist aber so!) kriegt man den Kopf frei und ist bereit für die Aufnahme neuer Dinge. Dazu kommt, dass ich durch Chorleitung und Bandgespiele am Keyboard gewohnt bin, viel mehr sogenannter Flächensounds, Klangfarben etc. zu verwenden. Beim Bass ist das nun viel gemäßigter: Man spielt immer nur einen Ton. Nicht, dass man deswegen faul wäre. Aber es ist doch insgesamt die lockerere Variante.

In knapp drei Wochen nun muss ich auch direkt auf die Bühne und mein weniges Bass-Können direkt am lebenden Objekt testen. Ich wurde als Bassist “gebucht”: Das mit der Karriere geht offensichtlich beim Bass auch schneller als mit dem Klavier: Ich soll 5 Lieder begleiten. Somit habe ich also direkt einen Anreiz, mein mageres Können schnell auszubauen. Ich freue mich drauf.