Eine Kindergeschichte: Waldi und die neue Familie

Wie alle Kinder liebt meine kleine Tochter Geschichten. Beim Zubettgehen darf ich ihr immer welche vorlesen, seit einigen Wochen soll ich aber auch welche erzählen – “einfach so”. Dabei sind kleinere Geschichten entstanden, eine davon habe ich aufgeschrieben und auch für ihre Tonie-Box aufgenommen.

In diesen Zeiten, in denen jede Abwechslung für Kinder willkommen ist, freut sich vielleicht auch ein anderes Kind darüber.

Unten könnt ihr die Geschichte auf Soundcloud direkt anhören, als MP3 herunterladen oder selbst vorlesen (Lesezeit ca. 10 Minuten). Viel Spaß damit!

Waldi und die neue Familie

Es war einmal ein kleiner Hund, der hieß Waldi.Waldi war klein und weiß und er hatte viele braune und schwarze Punkte.Er war ein lieber Hund. Am liebsten spielte er mit einem Ball: Er liebte es, wenn jemand einen warf und er ihm hinterher jagen konnte. Dann tollte er immer glücklich durch das Gras, vorbei an Blumen, Bäumen und Sträuchern, bis er den Ball endlich fand und zurück bringen konnte. Dieses Spiel konnte er stundenlang spielen. 

Waldi wohnte bei einem alten Herrn. Leider waren dessen Beine schwach geworden und er konnte nicht mehr jeden Tag mit Waldi spazieren gehen. Darum entschloss er sich schweren Herzens, Waldi in ein Tierheim zu geben, damit er dort vielleicht neue Besitzer fand.

Da lebte Waldi nun, in einem kleinen Käfig am Ende eines langen Gangs. In seinem Käfig gab es nicht viel. Nur eine Decke, einen Wasser- und Fressnapf und viele weiße Kacheln. Kein Fenster und keine frische Luft gab es dort. Links neben seinem Käfig waren viele weitere Käfige, in denen andere Hunde wohnten, die auch im Tierheim gelandet waren und dort hofften, eine neue Familie zu finden.

Die anderen Hunde waren immer sehr laut. Immer bellten sie ganz aufgeregt und rannten in ihren Käfigen hin und her. Besonders dann, wenn Menschen kamen und den Gang entlangliefen. Dann konnten sich die Hunde gar nicht mehr halten und sprangen aufgeregt und laut bellend in ihren Käfigen herum. Sie hofften dann, dass sie diejenigen sein würden, die endlich eine neue Familie fanden. Nur Waldi bellte nicht. Er lag die meiste Zeit traurig auf seiner Decke, den Kopf auf seine Pfoten gelegt. 

Einmal in der Woche kamen zwei Kinder aus einer nahegelegenen Schule ins Tierheim, um mit den Hunden zu spielen. Sie gingen an diesem Tag immer mit Waldi auf eine Wiese am Waldrand spazieren. Das war das schönste Ereignis, das Waldi in der Woche hatte: Er freute sich immer sehr darauf. Denn die Kinder hatten einen Ball dabei und warfen diesen für Waldi auf die Wiese. Waldi rannte dann hinterher, schlängelte sich um Blumen und Büsche herum, genoß das Gefühl von Gras an seinen Pfoten und die frische Waldluft in seinem Gesicht. Er rannte einen kleinen Bach entlang und sprang über einen kleinen Baumstamm, bis er endlich im Gras den Ball gefunden hatte und ihn wieder zu den beiden Kindern zurückbringen konnte. Den ganzen Nachmittag spielten die Kinder und Waldi dieses Spiel. Erst, wenn es langsam dunkel wurde, gingen sie zurück zum Tierheim. Da wurde Waldi immer traurig, denn es dauerte nun wieder eine Woche, bis endlich die Kinder kamen und ihn wieder mit zur Wiese am Wald nahmen.

Im Tierheim durfte Waldi eimal am Tag raus auf den Hof gehen. Hier gab es kein Gras und keinen Baum. Nur Betonboden und Mauern. Und die anderen Hunde waren dort auch  und waren immer sehr aufgeregt und bellten auch hier immer viel. Waldi mochte den Hof nicht. Aber wenigstens konnte er hier ein wenig frische Luft schnappen und den Himmel sehen. Das machte das Warten auf die Kinder ein wenig leichter.

Eines Tages öffnete sich die Tür zum Gang im Tierheim und herein kam ein Mädchen mit seinen Eltern, auf der Suche nach einem Hund für ihr Zuhause. Sofort fingen alle Hunde an zu bellen und zu springen. Nur Waldi hatte wieder nichts davon mitbekommen. Er lag auf seiner Decke, hatte den Kopf auf seine Pfoten gelegt, die Augen geschlossen und träumte vom Ballspielen auf der Wiese am Waldrand.

Die Eltern des Mädchens sprachen kurz mit dem Besitzer des Tierheims. Danach machten sich die Familie auf den Weg und schritt langsam den Gang entlang, das kleine Mädchen vorneweg. Sie schaute freundlich in jeden Käfig hinein. Manchmal blieb sie kurz stehen oder sagte “hallo” zu einem der Hunde. Die Eltern und der Tierheimbesitzer folgten ihr und schauten sich auch die Hunde an. Es wurde richtig laut im Gang, alle Hunde waren aus dem Häuschen und bellten, so laut sie konnten, damit sie diejenigen wären, die vielleicht ein neues Zuhause fänden. Nur Waldi lag weiter in seinem Käfig und träumte von der Wiese am Waldrand.

Als das Mädchen bei Waldis Käfig ankam, blieb es stehen und schaute Waldi an. “Hallo, ich bin Laura. Wer bist denn du?” Da machte Waldi die Augen auf und schaute Laura an. “Das ist Waldi, ein lieber kleiner Kerl. Spielt am liebsten mit einem Ball”, sagte der Tierheimbesitzer. “Hallo Waldi”, sagte Laura. “Schön, dich kennenzulernen.” Sie ging langsam und lächelnd auf Waldi zu und streckte ihm ihre Hand entgegen. Waldi stand auf, wedelte mit dem Schwanz und schnupperte an ihrer Hand. Dann leckte er ihr kurz über die Handfläche. Laura musste lachen, “das kitzelt”, rief sie. Dann drehte sie sich zu ihren Eltern und sagte “Mama, Papa, ich glaube, ich möchte Waldi kennenlernen. Wollen wir mit ihm nach draußen gehen?” Ihre Eltern sahen sich an. “Meinetwegen, gerne! Waldi scheint ja ein netter kleiner Hund zu sein.” Auch der Tierheimbesitzer sagte “das ist gar kein Problem, ich hole nur schnell ein Halsband, eine Leine und einen Ball und dann können wir gemeinsam zum Waldrand spazieren.”

Er verschwand kurz in seinem Büro und kam kurz darauf mit einem Halsband und einer Leine zurück. Den Ball gab er Laura. Dann schloss er die Tür zu Waldis Käfig auf und legte Waldi das Halsband um. Danach befestigte er die Leine daran und gab das andere Ende in Lauras Hand: “Pass gut auf Waldi auf, wenn wir nun zum Waldrand gehen.” Waldi bellte kurz vor Freude, dann gingen sie alle zusammen nach draußen und machten sich auf den Weg zum Waldrand.

Dort angekommen, spielten Laura und Waldi mit dem Ball. Laura warf den Ball in hohem Bogen auf die Wiese und Waldi rannte hinterher. Was machte ihm das für einen riesigen Spaß: Er sprang über Gräser, lief Slalom um Bäume, bückte sich unter einem Ast hindurch, rannte den kleinen Bach entlang und fand den Ball endlich im hohen Gras. Er nahm ihn in sein Maul und drehte sich auf der Stelle um, um wieder zu Laura zu rennen. Die lachte schon laut und hüpfte auf der Stelle, als Waldi auf sie zu gerannt kam, ihr den Ball vor die Füße legte und das Spiel von vorne begann. Auch Lauras Eltern lächelten und schauten den beiden beim Spielen zu. Laura und Waldi verstanden sich prächtig und für Waldi war es der schönste Spielausflug zum Wald seit langem. Sie vergaßen vor lauter Spielen die Zeit und so stand die Sonne auf einmal sehr tief. “Wir müssen nun langsam zurück zum Tierheim”, sagte der Tierheimbesitzer. “Es wird bald dunkel!” Laura nahm den Ball hoch, Waldi wartete mit wedelndem Schwanz, dass sie ihn endlich wieder werfen würde. “Wir können leider nicht weiter spielen, Waldi”, sagte Laura. “Leider müssen wir zurück.” Da wurde Waldi traurig und ließ seinen Schwanz und seine Ohren hängen. Der Tierheimbesitzer legte Waldi die Leine wieder an und bedrückt folgte er den anderen auf dem Weg zurück ins Tierheim. Waldi war traurig, denn er hatte gehofft, dass Laura und ihre Eltern ihn vielleicht mit in ihr Zuhause nehmen würden. Laura war so nett. Aber vermutlich brachten sie ihn nur zurück ins Tierheim. “Schade”, dachte Waldi, “ich würde so gerne mitkommen.”

Im Tierheim angekommen sagte Laura zu ihren Eltern: “Mama, Papa! Darf Waldi bei uns wohnen? Er ist so ein netter kleiner Hund und wir verstehen uns so gut. Bitte, darf ich ihn mitnehmen?” Ihre Eltern schauten sich an und auch Waldi wurde auf einmal ganz aufgeregt. “Nun ja”, sagte Lauras Papa, “wir sind ja hergekommen, um uns einen Hund auszusuchen.” Er schaute Lauras Mama an. “Und Waldi ist wirklich ein lieber kleiner Kerl”, sagte sie. “Ich habe nichts dagegen, dass Waldi bei uns wohnt.” “Und ich auch nicht”, sagte ihr Papa. “Juhu”, rief Laura, “Waldi, hast du das gehört? Du darfst ab heute bei uns wohnen!” Und auch der Tierheimbesitzer lächelte und sagte “Prima, da bekommt Waldi aber auch eine wirklich nette neue Familie. Lassen sie uns gleich die Unterlagen fertig machen und dann können sie Waldi gleich mitnehmen.” Lauras Eltern und der Tierheimbesitzer verschwanden in seinem Büro und kamen kurz darauf mit einigen Papieren wieder. “So”, sagte Lauras Mama, “jetzt können wir los. Wir müssen auf dem Weg aber noch in einem Tiergeschäft vorbei und einiges einkaufen: Ein Körbchen, Futter- und Wassernapf, Hundefutter, eine Leine und Halsband und natürlich einen Ball zum spielen.” Und das machten sie dann auch: Laura, ihre Mama und Papa stiegen ins Auto, Waldi durfte im Kofferraum mitfahren. Auf dem Nachhauseweg hielten sie noch in einem Tiergeschäft an und kauften all die Sachen, die Waldi benötigte. Als sie in Waldis neuem Zuhause angekommen waren, schnupperte er in jeder Ecke des Gartens und des Hauses. “So ein schöner Ort”, dachte Waldi. Er wohnte nun in einer Vorstadt, hatte einen kleinen Garten und ein Körbchen in einer hellen Ecke des Flurs mit Blick nach draußen. Hier war es so viel schöner als im Tierheim und Lauras Familie war so freundlich zu ihm. “Das war ein Glückstag”, dachte Waldi und er war seit langem wieder richtig glücklich.

Als er am nächsten Morgen mit seiner neuen Familie im Feld spazieren ging, traute er seinen Augen nicht: sie trafen Waldis alten Herren. Beide freuten sich riesig, dass sie sich wieder begegneten. Der alte Herr erzählte, dass er nun auch in der gleichen Gegend in einem Seniorenheim wohnte und einmal in der Woche einen Spaziergang machen konnte. Da verabredete sich Lauras Familie mit ihm, damit sie einmal in der Woche alle zusammen einen Spaziergang im Feld machen konnten. Waldi und Laura spielten dann Ball und alle anderen freuten sich mit Waldi, wenn er ihn jedesmal wieder aus dem hohen Gras zurück zu Laura brachte. Nun war Waldi wieder glücklich und hatte endlich eine neue Familie gefunden und auch seinen alten Herren in seiner Nähe.

Herunterladen

Hier findet ihr die Geschichte zu Download, vollkommen kostenlos. Freuem ich aber über Feedback, falls jemand sie tatsächlich anhört 🙂

http://www.any-where.de/blog/wp-content/uploads/2020/04/Waldi-und-die-neue-Familie.mp3

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